Das Beten Jesu

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5) Lk 22,32: Bei Letzten Abendmahl sprach Jesus zu Petrus: „Simon, Simon, siehe, Satan hat verlangt, euch im Sieb zu schütteln wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht wanke; du aber stärke nach deiner Umkehr deine Brüder!...“

6) 5,15: „Die Kunde von ihm (Jesus) verbreitete sich (nach verschiedenen Wundern, die er gewirkt hatte) noch mehr und große Volksscharen kamen, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. ER aber zog sich in die Einsamkeit zurück und betete...“

Lukas unterstreicht hier die Gewohnheit Jesu, sich vor der wachsenden Popularität in die Einsamkeit zum Gebet zurückzuziehen.

7) Lk 9,18: „Und es begab sich, als er (Jesus) in der Einsamkeit betete, waren die Jünger bei ihm, und er fragte sie: Für wen halten mich die Volksscharen?...“

8) Lk 22,39ff: Beim Bericht über das Ölbergleiden Jesu ist es Lukas – wenn wir seinen Bericht mit dem des Mt und Mk vergleichen -, der am allerstärksten auf das Beten Jesu hinweist. Lukas stellt zunächst klar fest, dass es zur Gewohnheit Jesu gehörte, sich in den Ölgarten zu begeben, um dort zu beten: „Und er ging hinaus und begab sich nach seiner Gewohnheit an den Ölberg; es folgten ihm aber auch die Jünger. Als er an den Ort kam, sprach er zu ihnen: „Betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet!“... Lukas ist es dann auch, der mit viel größerer Sensibilität den betenden Jesus beschreibt als die beiden anderen Evangelisten Mt und Mk. Markus (14,33) schreibt: „Er warf sich auf die Erde nieder und betete.“ Matthäus (26,38) schreibt: „Er warf sich auf sein Angesicht nieder und betete.“ Lukas aber bringt den im Vergleich zu Markus etwas milderen Ausdruck: „Er kniete nieder und betete.“

Lukas bringt interessanterweise dreimal diesen Ausdruck vom Niederknien zum Gebet: Apg 7,60; Apg 9,40 und Apg 21,5; das Niederknien ist ja die jenem Menschen eigenste Haltung, der zu beten anfängt in ganz ruhiger, gesammelter und vor dem allgegenwärtigen, unendlich großen, heiligen Gott ehrfürchtigen Haltung. So will Lukas auch bei dem in Getsemani zu beten anfangenden Jesus zeigen, dass er auch in dieser dramatischen Stunde, da er sein Leiden begann, ganz ruhig und gefasst war und voll Selbstbeherrschung.

Wenn wir nun die Bemerkungen des Evangelisten Lukas über das Beten Jesu überblicken, so stellen wir fest, dass Jesus immer anlässlich entscheidender, überaus bedeutsamer Einschnitte in seinem Leben und Wirken gebetet hat: bei der Taufe im Jordan, bei der Wahl der 12 Apostel, vor dem Bekenntnis des Petrus über Jesu Messiaswürde und Gottessohnschaft, vor der Unterweisung der Jünger über das inhaltsreichste Gebet, das Vaterunser, das ja eine Offenbarung der bedeutendsten Anliegen des Menschen Gott gegenüber darstellt, dann noch vor der Beauftragung des Petrus, seine Brüder zu stärken; und schließlich vor Beginn des Leidens im Garten Getsemani.

Jesus hat aber zweifellos auch sonst gebetet. Wir dürfen hier ja vor allem nicht übersehen, dass Jesus ganz bewusst einem Volk angehörte, das im besten Sinn des Wortes zu beten verstand. Das Volk Israel besaß eine reiche Gebetsliteratur und Gebetstradition auf Grund der großen religiösen Gotteserfahrung, von der dieses Volk gelenkt und geführt wurde.

Die beste Bezeugung in wahrhaft authentischer Form für die tiefe Gotteserfahrung, die sich im Beten des Volkes Israel ausdrückte, sind die Psalmen. Und Jesus hat die Psalmen nicht bloß gekannt, sondern die wichtigsten Psalmen sicher auch täglich gebetet, zuerst in der Heiligen Familie von Nazareth, dann allein und zusammen mit seinen Jüngern.

Sicher hat Jesus mit besonderer Vorliebe jene Psalmen gebetet, in denen der Segen Gottes auf die Menschen herabgerufen und verheißen wird. Ich möchte nur ausdrücklich an drei Psalmen erinnern, die sicher oft über die Lippen Jesu gekommen sind.

1) Psalm 24: Es ist ein Psalm, den König David gedichtet hat, als er Jerusalem erobert und auf dem Berg Sion in Jerusalem ein neues Zelt für die Bundeslade errichtet hatte. Die Bundeslade wurde in feierlicher Prozession dorthin übertragen. Dabei wird dieser 24. Psalm gesungen worden sein: „Des Herren ist die Erde und was sie erfüllt, / der Erdkreis und seine Bewohner! Gott hat die Erde auf Meere gegründet/ und auf Ströme sie gestellt.

Wer darf hinaufsteigen zum Berg des Herrn, / wer darf an seiner heiligen Stätte stehen?/ Wer reine Hände hat und ein lauteres Herz, wer nicht auf Eitles seinen Sinn gerichtet / und niemals falsch geschworen hat, der wird gesegnet von dem Herrn, dem wird Gnade vom Gott seines Heiles. – So ist das Geschlecht, das ihn sucht, das sucht das Angesicht des Gottes Jakobs!...“

(1) Gott, der über der Bundeslade thront und im Bundeszelt auf dem Berg Sion wohnen will, ist der Herr der ganzen Schöpfung und aller Wesen, die im Himmel und auf Erden sind. Der Himmel mit all seinen Milliarden Sternen ist Gottes: „Er rief sie und sie sprachen: Da sind wir! Seitdem leuchten sie mit Freuden vor dem, der sie schuf.“ (Baruch 33,35). Gottes ist die Erde mit allen Pflanzen in ihrer wunderbaren Mannigfaltigkeit; Gottes sind alle Tiere, groß und klein und Gottes ist der Mensch aller Zeiten und Zonen. Alles ist Gottes uneingeschränktes Eigentum, weil er alles mit seiner Allmacht ins Dasein gerufen hat und in seinem Dasein erhält. Aus den Zeugnissen göttlicher schöpfermacht greift der Psalmist ein Beispiel heraus, das auf ihn stets einen besonders tiefen Eindruck gemacht hat: Gott hat die Erde mit den himmelragenden Bergen auf ein gar schwankendes, fließendes Fundament gebaut; Er hat die Erde auf Meere und Flüsse gestellt und doch steht die Erde fest, als stünde sie auf einem Felsenfundament. Die Auffassung, dass die Erde auf unterirdischen Wassern ruhe, gehört zum Weltbild der antiken Völker, das durch die Grundwasser, auf die man überall beim Graben stößt, veranlasst wurde. Für den Psalmisten ist dieses Weltbild nur ein für seine Zeit passendes Zeugnis göttlicher Schöpfermacht. So singt also der Psalmist im Psalm 24: in der 1. Strophe: „Des Herren ist die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner! Er hat sie auf Meere gegründet und auf Ströme sie gestellt!“

In der 2. Strophe dieses Psalms aber wird nun gesagt: Der über der Bundeslade thronende Gott, der nun im Bundeszelt auf dem Berg Sion wohnen will, hat in seinem Gesetz, in seinen Geboten die Forderung an sein Volk gerichtet: „Seid heilig, denn ich, Jahwe, euer Gott, bin heilig!“ (Lev 19,2). Um an diese Forderung Gottes zu erinnern, stellt der Sängerchor im Psalm die Frage an die Prozessionsteilnehmer: „Wer darf hinaufsteigen zum Berg des Herrn, wer darf an seiner heiligen Stätte stehen?“ Die Frage ist wichtig. Mussten nicht viele Bewohner von Bethsames einst eines plötzlichen Todes sterben, nur weil sie die Bundeslade mit ehrfurchtsloser Neugier angeschaut hatten, als die Philister sie den Israeliten zurückerstatteten? (vgl. 1 Kön 6,19). Und brach nicht Oza tot zusammen, als er mit ungeweihten Händen die heilige Bundeslade berührt hatte? (vgl. 2 Kön 6,6f). Gott verlangt von denen, die sich ihm nahen wollen, nicht, dass sie mit gefüllten Händen, mit reichen Opfergaben und Geschenken kommen. Vielmehr fordert er von allen ein reines Herz und reine Hände. Der Opfer und Gaben bedarf der Herr nicht, alles ist ja sein Eigentum. Worauf er aber unbedingt drängt, ist der Gehorsam gegen sein Gesetz, gegen seine Gebote. So lehrte Moses das Volk: „Was fordert der Herr, dein Gott, von dir anderes, als dass du den Herrn, deinen Gott, fürchtest und immer auf seinen Wegen wandelst, dass du ihn liebst und dem Herrn, deinem Gott, aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele dienst! (Deut 10,12). – der Herr begnügt sich aber nicht mit äußerer Gesetzlichkeit, dass nur an den Händen kein Unrecht klebt. Er schaut auf das Herz und auf die lautere Gesinnung und reine Absicht. Wer Gott aus ganzer Seele dienen will, dessen Sinn darf nicht auf Eitles, Vergängliches, Weltliches gerichtet sein; Gott will das Herz des Menschen nicht mit nichtigen Dingen teilen. Der Reinheit des Herzens und der Lauterkeit der Gesinnung muss dann auch die Lauterkeit der Erde entsprechen. Die Liebe zu Gott ist unvereinbar mit dem Missbrauch seines heiligen Namens. Wer in diesem Namen dem Mitmenschen etwas versprochen hat, muss es auch um des Namen Gottes willen halten.

Nur wer in solch gottgefälliger Gesinnung vor dem Herrn erscheint, der wird von Gott gesegnet. Nur einem solchen Menschen öffnen sich im Heiligtum die Quellen der Heilsgnade, die vom Altar fließen, nur ein solcher geht gerechtfertigt und bereichert, eben gesegnet nach Hause. Was der Psalmist in den wenigen Worten der 2. Strophe des 24. Psalms gesagt hat, ist wie ein Kurzkatechismus über den Segen Gottes und über die Bedingungen, an die Gott seinen Segen geknüpft hat: „Wer darf hinaufsteigen zum Berg des Herrn,/ wer darf an seiner heiligen Stätte stehen? Wer reine Hände hat und ein lauteres Herz, / wer nicht auf Eitles seinen Sinn gerichtet/ und niemals falsch geschworen hat,/ der wird gesegnet von dem Herrn: dem wird Gnade vom Gott seines Heiles.“

2) Psalm 114 und 115 (in der Vulgata zusammengefasst zu Ps 113):

In der sogenannten Vulgata, der vom hl. Hieronymus erstellten Übersetzung der Psalmen aus dem Hebräischen wurden die Psalmen 114 und 115 zu einem Psalm (113) zusammengefasst. Sie passen auch wirklich gut zusammen, weil beide den Segen der Befreiung und Erlösung des Volkes Israel aus der Knechtschaft schildern: Der Psalm 114 schildert mit dramatischer Lebendigkeit die Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens im wunderbaren Durchzug durch das Rote Meer; der zweite Psalm, Psalm 115 spricht vom Vertrauen, dass Gott sein Volk aus der babylonischen Gefangenschaft wieder in die Freiheit und in die Heimat Palästina zurückführt. Die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft ist das Vorbild und die Bürgschaft für die Erlösung und Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft; diese beiden Befreiungen aber sind das Vorbild für den überreichen Segen der Erlösungstat Jesu Christi, der das neutestamentliche Volk Gottes aus der Knechtschaft der Sünde und der durch sie verdienten ewigen Verdammnis in die Freiheit und Glückseligkeit des Himmels geführt hat.

Auch diesen Doppelpsalm hat sicher der betende Jesus oft mit Maria und Josef im Hause von Nazareth und dann zusammen mit seinen Aposteln gebetet. Schauen wir uns beide Psalmen etwas näher an:

Ps 114: „Als Israel aus Ägypten zog, / Jakobs Stamm aus fremdem Land, da ward Juda sein Eigentum, Israel sein Königreich./ Das Meer sah es und floh, / der Jordan wich zurück: Die Berge hüpften wie die Widder,/ die Hügel wie die Lämmer. / Was hast du, Meer, dass du fliehst, / was du, Jordan, dass du dienen Lauf rückwärts wendest? / Was habt ihr Berge, dass ihr hüpft wie die Widder, und ihr Hügel wie die Lämmer?/ Vor dem Herrn erbebte die Erde, vor dem Gotte Jakobs, der den Fels zum Wasserteich machte, zur strömenden Quelle den Stein.“

Um diese Psalmverse ein wenig zu kommentieren, sei daran erinnert, dass Israel – oder wie es im Psalm auch genannt wird: Jakobs Stamm – mehr als 200 Jahre lang in Ägypten in der Fremde gelebt hat, es wurde zuletzt hart geknechtet. Da erbarmte sich Gott seines Volkes. Unter großen Zeichen und Wundern führte es Gott durch Moses in die Freiheit; es kam zuerst zum wunderbaren Durchzug durch das Rote Meer; die Fluten des Roten Meeres mussten vor der Allmacht Gottes weichen, so dass Israel trockenen Fußes hindurchziehen konnte; dann kam der Zug durch die Wüste; das verschmachtende Volk wurde in seinem Durst gestillt durch das Wasser aus dem Felsen. Schließlich kam es noch zum Zug durch den Jordan, der seine Wasser gestaut hatte, als die Priester mit der Bundeslade seine Wasser berührt hatten. Dieses wunderbaren Ereignisse voll des Gottessegens schildert nun der Psalmist in sehr kühnen Bildern: Die Berge und Hügel, sonst unbeweglich feststehend, bewegten sich, als ob sie ungelenke Sprünge machen wollten gleich einem Widder oder wie junge Lämmer. Der Dichter richtet an das Meer und an den Jordan die Frage, warum ihre immer bewegen Wogen und Wellen auf einmal zurückwichen und unbeweglich wie eine feste Mauer standen. Der Psalmist fragt die Berge und Hügel, was sie denn damals aus ihrer Ruhe und Festigkeit aufschreckte. Die Berge antworteten dem Fragenden: Ihr Beben und Aufspringen ist eine Huldigung an den Herrn, den Gott Jakobs. Und die harte Felswand war in der Wüste Zeuge der Allmacht Gottes, als Moses im Auftrag des Herrn daran schlug und Wasserbäche aus dem harten Fels hervorströmte.- All das, was sich da beim Exodus, bei der Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens wunderbar ereignete, sollte dabei nur Hinweis sein auf den kommenden messianischen Erlösungssegen. Daran mag beim Beten dieses Psalms Jesus immer wieder gedacht haben.

Und nun zum zweiten Teil des Psalms 113 in der Vulgata-Zählung, bzw. Psalms 115, der von der zweiten Erlösungstat Gottes am Volk Israel spricht: von seiner Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft: In diesem Psalm fleht der Psalmist, Gott möge an seinem Volk das Wunder der ersten Befreiung, der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens wiederholen, nicht weil das Volk es verdiene, sondern einzig und allein ums eines göttlichen Namens willen, um an den Heiden seine Huld und Reue gegen Israel zu offenbaren:

Bei den Heiden der damaligen Zeit sah man in der Niederlage eines Volkes auch die Niederlage seiner Götter. Und die Kämpfe der heidnischen Nationen gegen das auserwählte Volk Jahwes wurde als Kampf zweier gegensätzlicher Weltanschauungen gewertet; darum wurden die siege über Israel als Siege der heidnischen Götter über Jahwe gefeiert. Der Untergang des ganzen Staatswesens Israel, die Zerstörung Jerusalems und seines Tempels wurde von den Heiden als Triumph der Vielgötterei über den Eingottglauben Israels betrachtet. Darum hörten die nach Babylon verbannten Juden die Heiden höhnen: Wo ist denn euer Gott, den ihr verehrt, auf den ihr vertraut habt? – Weil Jahwes Ehre auf dem Spiel stand, darum bat nun der Psalmist Gott, er möge seiner eigenen Ehre wegen sich seines in der babylonischen Gefangenschaft schmachtenden Volkes huldvoll erbarmen und seine Verheißungen an ihm erfüllen. So hatte ja Gott durch den Propheten Ezechiel schon gesprochen: „Ich tue es nicht um euretwillen, ihr vom Hause Israel, sondern um meines heiligen Namens willen... die Heiden sollen erfahren, dass ich der Herr bin, wenn ich mich vor ihnen an euch als heilig erweise.“ (Ez 36,22f)

So fängt nun dieser Psalm 115 an: „Nicht uns, Jahwe, nicht uns, nur deinem Namen gib die Ehre ob deiner Huld und deiner Treue./ warum sollen die Heiden sagen: wo ist denn ihr Gott?“

Darauf betont der Psalmist: Es gibt nur einen Gott im Himmel, das ist der Herr, Jahwe, der Gott Israels. Er ist der Schöpfer des Alls; er sprach und es geschah; er befahl und alles ward geschaffen; bei ihm gibt es keine Unmöglichkeit. Die Götter der Heiden aber sind ja nicht einmal lebende Wesen, sie sind nur tote Gebilde, von Menschenhand gemacht; das Silber und das Gold, aus dem sie gemacht sind, ist ihr einziger Wert; sie haben zwar einen Mund, können aber damit nicht zu den Menschen reden, wie Jahwe, der so machtvoll am Sinai sich seinem Volk geoffenbart hat, um ihm seinen Willen kundzutun; man hat diesen Götzengebilden auch Augen eingesetzt, aber sie sehen damit weder die Not derer, die zu ihnen flehen, nicht sehen sie, was mit ihnen selbst geschieht. Man hat diesen Götzengebilden auch Ohren gemacht, diese taugen aber nicht zum Hören; sie vernehmen nicht die Gebete, die man an sie richtet, sie vernehmen auch die Flüche nicht, die gegen sie ausgestoßen werden. Und mit ihrer Nase riechen diese heidnischen Götter den Duft der zahlreichen Opfer nicht. Sie können auch ihre Hände nicht bewegen, ihre Füße nicht rühren, sie müssen getragen werden. Aus ihrer Kehle dringt kein Laut, sie können nicht einmal um Hilfe rufen, wenn sie in Not sind. Wer solche toten Götter verfertigt und auf sie vertraut, der muss erfahren, dass er auf ein Nichts vertraut hat; er bleibt hilflos wie seine Götter.

Ganz anders aber ist Jahwe, der Gott Israels. Er belohnt das Vertrauen derer, die an ihn glauben, auf ihn hoffen und ihn lieben. Der Gott Israels ist ein allmächtiger Helfer, er ist wie ein Schild, der den Menschen vor den andringenden Feinden beschirmt. Die Wunder beim Auszug aus Ägypten haben ganz klar bewiesen, dass er die Macht zum Befreien hat; die Heilsgeschichte der vergangenen Jahrhunderte hat diesen Beweis immer neu verstärkt. Darum vertraut Israel auch jetzt in der Zeit der babylonischen Gefangenschaft und in jeder kommenden Notzeit auf den Herrn. Auf ihn vertraut das Haus Aaron, das priesterliche Geschlecht; es hat die Zerstörung des Tempels und das dadurch bedingte Aufhören des Opferdienstes am schmerzlichsten empfunden. Auf ihn vertrauen alle Gottesfürchtigen, sie sehen in Jahwe ihre Hilfe und ihren Schild. Gott hat das Flehen seines Volkes erhört und seiner gedacht, er hat es auch in der babylonischen Gefangenschaft gesegnet, wenn auch dieser Segen noch nicht mit Händen zu greifen ist. Gott spendet den Segen der Erlösung seinem Volk und seinen Priestern und allen Gottesfürchtigen, den kleinen wie den großen, den hohen wie den niedrigen, den reichen wie den armen, den jungen wie den alten. Da spricht nun der Psalmist im Namen des Herrn den Segen: Der erste Segen Gottes nach der Erschaffung des Menschen war ein Fruchtbarkeitssegen, ebenso der Segen Gottes nach der Sintflut. Einen solchen Fruchtbarkeitssegen wird der Herr auch in der messianischen Zeit sprechen: Israel soll in seinen Kindern und Kindeskindern gesegnet sein; die Quelle dieses Segens wird nie versiegen. Denn der Segnende ist der allmächtige Schöpfer des Himmels und der Erde, der dem Patriarchen Abraham zugesichert hat, dass in einem seiner Nachkommen alle Menschen gesegnet sein werden.

Zusammenfassend lautet diese Segens-Frohbotschaft in der Sprache des Psalmisten so:

„Unser Gott ist im Himmel, alles, was er will, hat er geschaffen. Die Götter der Heiden aber sind Silber und Gold, gebildet von Menschenhand. Sie haben einen Mund und können nicht reden, sie haben Augen und können nicht sehen, sie haben Ohren und können nicht hören, sie haben eine Nase und können nicht riechen, sie haben Hände und können nicht greifen, sie haben Füße und können nicht gehen, es kommt aus ihrer Kehle kein Laut. – Ihnen gleichen, die sie gebildet und jeder, der ihnen vertraut.

Israel aber vertraut auf den Herrn, er ist ihm Hilfe und Schild. Das Haus Aaron vertraut auf den Herrn, er ist ihm Hilfe und Schild. Alle, die Jahwe fürchten, sie vertrauen auf ihn, er ist ihnen Hilfe und Schild. – Der Herr gedenkt unser und spendet seinen Segen; er segnet das Haus Israel, er segnet das Haus Aaaron, er segnet, die den Herrn fürchten, die Kleinen wie die Großen. – Es mehre der Herrn den Segen über euch, über euch und eure Kinder! Gesegnet seid ihr von dem Herrn, der Himmel und Erde erschuf. – Der Himmel ist der Himmel für den Herrn, die Erde gab er den Menschenkindern. Nicht die Toten loben den Herrn, keiner, der hinabgestiegen zum (ewigen) Schweigen. Wir aber preisen den Herrn von nun an bis in Ewigkeit!“